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6. Was ist Latenz?

Die Übertragung der Daten über den Bus braucht eine gewisse Zeit, es gibt eine Verzögerung zwischen dem Moment, an dem die Soundkarte einen Samplewert bereitstellt und an dem dieser Wert im Programm eintrifft (vermittelt durch den Treiber) oder umgekehrt. Diese Verzögerung bezeichnet man als Latenz.

Verkompliziert wird die Sache dadurch, dass streng geregelt sein muss, wer wann was über den Bus schicken darf, damit nichts verloren oder durcheinander geht. Das schluckt etwas Rechenleistung. Zudem muss für die serielle Übertragung von FireWire und USB eine Sicherheitsreserve eingebaut werden, die das Abreißen des Datenstroms in gewissen Grenzen abfangen kann. Dafür werden so genannte Samplepuffer zwischengeschaltet, die immer eine gewisse Menge des Datenstroms vorrätig halten, um eine Lücke zu verhindern. Diese Puffer erhöhen die Latenz (übliche Werte sind hier im Bereich von 64 bis 512 Samples angesiedelt). Vorteil PCI: Dank paralleler Übertragung und hoher Datentransferrate kann der Puffer hier i.d.R. kleiner eingestellt werden als bei USB- oder Firewireinterfaces, wodurch die Latenz verringert wird.

Doch nicht nur die Datenübertragung ist latenzbehaftet, auch die ADC- und DAC-Bausteine benötigen für die Wandlung eine gewisse Zeit, was sich um ca. 1ms bis 1,5ms bewegt – wahrlich nicht viel, aber Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Der Letzte im problematischen Bund der Latenzen ist die Audiosoftware bzw. der Prozessor des Computers: Der muss so schnell rechnen können, dass innerhalb der Pufferzeit des gesamten Systems der nächste Wert zur Wandlung bei der Soundkarte eintrifft bzw. beim Aufnehmen von der Karte abgeholt werden kann. Kommt es hier zur Lücke, fehlt den Wandlern die Information, bzw. es wird das anstehende Sample der Aufnahme nicht gespeichert, was in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis führt: Es knackst.

Zusätzliche Latenz kann durch Plug-ins im Audioprogramm entstehen. Längst nicht alle Plug-ins erzeugen wahrnehmbare Latenz. Ein Look-Ahead-Kompressor muss aber z.B. erst Pegel messen, bevor er weiß, ob er regeln muss. An solchen Latenzen kann auch der flotteste Soundkartentreiber nichts ändern.

Latenz
Latenz

Wann und wen stört die Latenz?

Dass es zu diesen Verzögerungen kommt, muss nicht zwingend in jeder Situation ein Nachteil sein. Solange das Ohr keinen Vergleich zum latenzunbehafteten (Direkt-)Signal hat, spielt die Verzögerung überhaupt keine Rolle. Das ist z.B. beim rechnerinternen Abmischen der Fall, wenn nur noch Spuren wiedergegeben werden – ob nach dem Drücken auf Play eine Verzögerung von 23 ms auftritt oder nicht, spielt keine Rolle. Man kann sogar die Latenz gezielt hochschrauben, um mehr Rechenleistung zur Verfügung zu haben (der Prozessor hat dann mehr Zeit, bis das nächste Sample zur Soundkarte geschickt werden muss).

Störend wird die Latenz, sobald ein Bezug zwischen Eingabe und Ausgabe besteht. Spielt man einen virtuellen Synthesizer, der auf dem Computer berechnet wird, spürt man jede größere Verzögerung, die zwischen dem Tastendruck auf dem Keyboard und dem ausgelösten Klang auftritt. Auch ein Sänger, der sich im eigenen Kopfhörer mit einer leichten Verzögerung hört, wird sich nicht wohl fühlen, da sich das Direktsignal, dass er u.a. über seine Schädelknochen hört mit dem zeitversetzten Signal auf dem Kopfhörer überlagert. In diesem Fall kann aber leicht mittels Direct Monitoring Abhilfe geschaffen werden. Der Sänger bekommt einfach ein analog oder direkt hinter dem Wandler abgegriffenes Signal, und hört sich somit nahezu verzögerungsfrei. Dieses sogenannte Direct Monitoring gehört mittlerweile zu Standardausstattung von Audiointerfaces.

Extrem kleine Latenzen (unter ca. 10ms) braucht man also nur beim Einspielen von virtuellen Klangerzeugern oder, wenn Direct Monitoring nicht möglich ist. Bei Verwendung von Ampmodelingsoftware zum Einspielen von Gitarren ist die Latenz z.B. auch nicht so kritisch. Die Latenz von 10ms entspricht bei einer Schallgeschwindigkeit von 343 m/s etwa einer Strecke von 3,5m. Also eine Verzögerung, die für bühnenerfahrene Gitarristen kein Problem darstellen sollte.

Die Latenz lässt sich über die Puffergröße regeln, da sie mit dieser direkt zusammenhängt.

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