Früher als erwartet war es vor einigen Tagen bei mir, das Taschenklavier. Als ich es auf der Thomann-Website entdeckt hatte, war ich sofort neugierig darauf geworden - hatte ich doch fast alles, was es soundmässig draufhaben sollte, einst im Original besessen: 2 x Rhodes, D6, CP-70 (Ende der 70er mein ganzer Stolz!), Wurlitzer hatte ich nicht. Alles damals sündhaft teure und kreuzbrecherisch schwere Kisten. Und nun das alles in diesem knapp 2 kg leichten Zwerg vereint?
Die Sounds sind sehr dynamisch angelegt, - inwiefern sich diese Dynamik mit der Minitastatur im Spiel umsetzen lässt, ist eine andere Frage. Die Mensur ist ziemlich genau die meiner Hohner Melodica, die schwarzen Tasten geringfügig kürzer, die weissen etwas länger, die Innentasten (der hintere Bereich der weißen zwischen den schwarzen) leider etwas schmaler - geht für mich gerade eben so. Die Tastatur ist anschlagsdynamisch, reagiert allerdings, wenn man von der Tastenoberfläche aus mit Schwung aus dem Arm spielt, nur sehr verhalten - besonders auffällig beim Sound Rhodes I (für mich kaum vernünftig spielbar).
Hebe ich andererseits die Finger und lasse sie auf die Tasten fallen, reagieren diese viel stärker - schwer zu kontrollieren. Ich bin ausgebildeter Pianist, aber eine Tonleiter in flottem Tempo ohne Akzente gerät mir hier zur Herausforderung. Offensichtlich ist der Messweg für die Dynamik in der Tastatur zu kurz.
Die Sounds über eine normal mensurierte, gewichtete externe Tastatur zu spielen, habe ich noch nicht unternommen, da mein Yamaha P-115 mangels Midi-Buchsen einen zusätzlichen Midi-Usb-Host zur Verbindung bräuchte.
Trotzdem will ich von dem niedlichen "Knieboard" nicht lassen (ein Freund hat es so genannt, nachdem ich es bei einer Jazz-Jam-Session auf meinen Knieen positioniert gespielt hatte). Ich glaube, Yamaha nutzt mit der Reface-Serie auf geniale Weise das aus der Verhaltensforschung bekannte "Kindchenschema", das in uns den Beschützerinstinkt wachruft: Ich werde das kleine Ding behalten und alles versuchen, mir eine geeignete Spieltechnik dafür draufzuschaffen, weil es einfach so knuddelig ist und toll klingt.
Meine Wunschliste dafür wäre: ein paar alternative Kurven für die Anschlagsdynamik, Verbindungsmöglichkeit zu einem Amp via Bluetooth zusätzlich zu den vorhanden Line-Outs, evtl. Akkus laden übers Netzteil, ohne sie herausnehmen zu müssen.
Nachtrag: Über die Möglichkeit, die Stimmung des Instruments zu verändern - etwa um sie an ein akustisches Klavier anzupassen, schweigt sich die beigelegte Bedienungsanleitung von 2015 aus. Tatsächlich liegt den Anleitungen noch ein unscheinbares Blatt bei, das auf erweiterte Funktionen der aktuellen Baureihe hinweist: Einstellung der Gesamtstimmung, Gesamttransponierung, Sende- und Empfangskanal. Genauer beschrieben sind diese Funktionen dann im aktuellen Manual (version 1.30), das man von der Yamaha-Website als Pdf (wohl bisher nur in Englisch?) herunterladen kann.
Dort erhältlich ist auch ein Update-Programm, mit dem man die Firmware älterer Reface-Baureihen auf die aktuelle Version 1.30 hochsetzen kann, um die neuen Funktionen damit ebenfalls nutzen zu können.