Der Korg NuTek nts-1 ist ein Microcontroller in einer minimalistischen Kiste, der die Welt des Korg Logue SDK eröffnet mit nachladbaren (USB, Korg Software) Klangerzeugungs- und Effektalgorhythmen von Korgs _logue Reihe und User Patches.
Tolles Produkt!
Nachteile vorneweg, bei diesem Preis gibt es Kompromisse:
Die Folienklaviatur ist inakzeptabel und nur mit dem erstklassigen Arpeggiator nutzbar, aber der Kleine versteht Midi über USB und TRS-A.
Die Bedienung kann etwas umständlich werden, weil die wenigen Bedienelemente mehrfach belegt sind und mensch ohne Anleitung etwa den LFO niemals finden würde.
Es gibt keine Presets und keine Speichermöglichkeit. Der Sound muß jedesmal von Hand eingestellt werden - eher etwas zum Erkunden, Jammen und Samplen.
Die Funktion der Potentiometer wechselt je nach gedrücktem Knopf und wenn mensch nach einem Seitenwechsel am Regler dreht springt der neu ausgewählte Parameter zur Reglerstellung. Damit läßt sich umgehen, aber wenn mensch es vergißt kann es plötzlich garstig klingen.
Externe Signale können per Line-Level TRS durch die Effekte geschleift werden. Dabei bleibt die Klangerzeugung spielbar, ABER: leider geht das externe Signal nicht durch das Filter und die Lautstärke ist nicht separat regelbar. Mensch muß sich mit LPF zur Lautstärkeregelung der Klangerzeugung behelfen oder das externe Signal vorher entsprechend verstärken. Ein Pocket Operator zum Beispiel hat nicht genug Gain und klingt neben dem nts-1 im gleichen Signalweg mickrig.
Der Zusammenbau ist von einem Viertklässler zuverlässig in wenigen Minuten zu schaffen. Den nts-1 als Bausatz zu verkaufen hat wohl eher mit Kostenersparnis zu tun - lernen kann mensch hier leider nichts.
Das Gehäuse ist aus Platinenmaterial und nicht nur etwas wackelig, sondern wahrscheinlich auch eher giftig. Schleifarbeiten bitte mit Atemschutz und Handschuhen an gut durchlüftetem Ort durchführen! Wenn mensch die winzigen Schräubchen ab und zu nachzieht oder mit Schraubenlack versiegelt übersteht die Kiste gerade so vorsichtigen Rucksacktransport. Ein Case wäre aber besser, gerade weil die Potentiometer nur mit Lötfüßchen im Gehäuse sitzen.
Korg bewirbt auf der Website zum Produkt DIY Erweiterbarkeit. Dies ist jedoch nur im Rahmen des vorgeschlagenen Referenzboards und seines eigenen Microcontrollers möglich, der die Regler und Knöpfe für den Hauptprozessor pollt. Modder müssen diesen Microcontroller integrieren oder emulieren und ein eigenes PCB darum entwerfen können. Die Software dazu liegt auf Github. Ein einfacher GPIO Zugang zu den Bedienelementen ist nicht vorgesehen.
Das waren alle Nachteile, die mir nach einem Jahr aufgefallen sind. Und sie sind winzig im Vergleich zu den Möglichkeiten dieser phantastischen Box.
Zunächst einmal erhält mensch einen virtuell analogen monophonen Synthesizer mit Oszillator, Filter, Hüllkurve, LFO, Arpeggiator und einer Auswahl an Effekten, von denen 3 gleichzeitig laufen können.
Mit USB-Strom und Kopfhörer ist das Gerät auch unterwegs eine nicht endende Klanglandschaft. Die vorinstallierten Oszillatoren klingen klassisch und breit, das multimode Filter hat alles was mensch braucht und mehr, und die amtlichen Chorus-, Delay- und Reverb-Algorhythmen bieten tiefe Räume und Texturen.
Von üblichen Synthie-Leads über tighte Bässe bis hin zu wabernden Ambient Pads ist hier alles mit drin. Besonders der Arpeggiator begeistert mit Transposition nach Tasteneingabe, 6 wählbaren Tonarten, allen üblichen Laufrichtungen und -Längen, und einem Tempo, das bis ins Bizarre reicht, oder per Midi und Click mit Freunden synchronisiert.
Die Effekte decken alles ab, was mensch an ihren Synthie stöpseln möchte: Chorus, Delays, Reverbs, und viele Weitere.
Die Möglichkeit der Line-In Buchse sind gewaltig. Als end-of-chain Multieffekt erreicht der Kleine ein Preis-Leistungs Verhältnis Ähnlich eines Zoom MS-70CDR und sollte in keinem Proberaum fehlen.
Die Effekte klingen toll und müssen sich vor keinem professionellen Pedalboard verstecken. Die Rechenleistung reicht nicht für komplexe granulare Delays oder Reverbs mit stimmbarem Shimmer, aber alles unter Boutique-Pedal Komplexität ist kein Problem.
Schließlich lassen sich alle Oszillatoren und Effekte austauschen mit Downloads von Korg selbst und vielen weiteren Anbietern teils kostenloser Patches der großen Korg _Logue Synthesizer. Nicht alle Patches laufen auf dem nts-1, aber dies ist auf der Website klar ersichtlich und die meisten laufen einwandfrei.
In der Preiskategorie gibt es nichts vergleichbares. Für ähnliches Geld bekommt mensch höchstens ein Stylophone GenX1 oder einen Monotron Delay. Beide bieten Ähnliches mit Klangerzeugung und Einschleifen externer Signale sowie einem intuitiven Spaßfaktor, aber weitaus weniger Möglichkeiten als der nts-1 sowohl als Klangerzeuger, aber besonders als Effekt. Die etwas teureren Volcas bieten deutlich mehr Tiefe aber sehr viel weniger Vielseitigkeit. Der halb so teure Monotron Duo ist im Vergleich ein Spielzeug. Der nts-1 trifft den Sweet Spot besser als alle anderen.
Der nts-1 ist ein echtes Taschenmesser. Für einen unschlagbaren Preis
erhält mensch einen tollen mobilen Monosynth, einen vielseitigen Multieffekt und kann Patches der deutlich teureren Korg Synthesizer benutzen. Auch
mehrere nts-1 lassen sich wunderbar in die meisten Setups integrieren.
Wer Volcas mag wird den Winzling lieben. Die Effekte machen selbst aus
alten Casios noch massive Klangwunder. Ein guter erster Synth der mit wächst und auch wenn dann ein Gerät mit Klaviatur hinzukommt nicht überflüssig wird. Der nts-1 ist vielseitig und macht Spaß. Ein perfektes Geschenk, auch an sich selbst.
Zur Vertiefung empfehle ich Youtube Videos von Audiopilz, Molten Music Technology, und natürlich Loopop.